#1

Preis-Leistungsverhältnis in "religiösen" Gruppen

in allgemeine, religiöse Themen 24.05.2015 08:55
von S_J | 455 Beiträge

Um mal gerade auf das Preis-Leistungsverhältnis zurückzukommen, das sleepwalker im Nachbarthread angesprochen hatte:

Zitat
Warum man/frau aus dem O.T.O. austritt:
Die Initiationen sind nicht gerade preiswert und werden auch im Verlauf der Mitgliedschaft immer teurer. Auch Jahresgebühren fallen zusätzlich an. Satanisten können durch "ihre gnadenlose Weltlichkeit" also gelegentlich mit einer Betrachtung des momentanen Preis-/Leistungsverhältnisses ihre Mitgliedschaft überprüfen...


Hm, ja, wenn es ein gewisses Maß übersteigt, wird das sicherlich irgendwann relevant.

Um das aber mal in einen Kontext zu setzen: Wenn du im tibetischen Buddhismus Einweihungen erhältst, zahlst du bei den günstigeren Zentren da gern mal für eine Einzelveranstaltung 30-50 Euro, je nachdem, wie lange die geht, und kannst auch schonmal 100-200€ für ein WE mit Veranstaltungen auf den Tisch legen, und Anreise, Versorgung und ggf. Übernachtung sind da noch nicht eingerechnet. Der obligatorische Umschlag für den Guru, in dem weniger als 50€ auch nicht drin sein sollten, käme dann ggf. auch noch dazu.
Das sind nun explizit günstige Zentren - bei kommerziell orientierten Gruppen sehen die Preise da noch ganz anders aus.
Dann gibt's da noch Modelle, in denen man mehr oder weniger deutlich angehalten wird, dem betreffenden Verein beizutreten (was ich aber für gewöhnlich nicht tu, ehe mir das Ganze nicht wirklich viel bedeutet, was bislang nicht der Fall gewesen ist), und eben für die "ansässigen" Mitglieder meist auch regelmäßige Veranstaltungen, die dann teils auf Spendenbasis sind, teils auch mit Preisen verbunden. Wobei Spendenbasis auch bedeutet, dass sowas wie 10€ für einen Abend oder wenigstens alle zwei Termine zumindest erwartet werden. Das summiert sich also schon.
Anmerken sollte man, dass ein gewisser karitativer Gedanke da meist schon vorherrscht, und das credo ist, dass niemand wegen Geldmangel fernbleiben soll. Bzw. gibt es meist nochmal einen ermäßigten Tarif für Studenten o.ä. Aber ohne eine gute Portion finanzielle Investition kommt man da auch nicht weit.

Keine Ahnung, von welchen Größenordnungen du also schreibst, aber ich denke, das lässt sich ggf. relativieren. Und irgendwo, muss ich sagen, dass ich persönlich es auch durchaus anerkenne, wenn jemand einen Aufwand betreibt, um mir das und das zu ermöglichen, oder bloß die Organisation übernimmt, was spätestens dann Geld kostet, wenn man eigene Räume anmietet. Ich bin froh, wenn ich nicht organisieren brauche.
Gerade wenn man einen Lehrer einfliegen lässt, kostet das nunmal auch Geld, aka gibt's eine Investition der Veranstalter im Vorhinein, und wenn man da zum Erhalt nix beiträgt, ist das eben irgendwann nicht mehr möglich. Da kann man auf die eingeflogenen Gurus jetzt wert legen oder nicht - tut man das aber, sollte man einsehen, dass sowas ohne auch finanzielle Beteiligung gerade auf Dauer nicht funktioniert. Die meisten Leute, die sowas auf die Beine stellen, sind ja selbst nicht gerade die Millionäre, die sich's leisten können.

Die Frage ist aber sicherlich immer noch, ob es Einem das Wert ist, was man dafür bekommt.


zuletzt bearbeitet 24.05.2015 08:56 | nach oben springen

#2

RE: Preis-Leistungsverhältnis in "religiösen" Gruppen

in allgemeine, religiöse Themen 24.05.2015 10:20
von Daelach | 1.214 Beiträge

Vielleicht sollte man das auch mal ins Verhältnis setzen zu anderen Ausgaben, denn teuer oder günstig ist ja relativ.

So kostet eine Karte fürs Wacken regulär 170 Euro. Das WGT liegt bei 99 Euro (bzw 140 Euro mit Camping und Parken). Die Jahresgebühr im örtlichen Sportverein, Sparte Fußball beträgt 300 Euro. Zum Thema Einzelveranstaltung könnte ich mal auf die Markthalle Hamburg verweisen, wo es das "Heidenfest" gibt, mit Metal aus der Pagan-Ecke, kost 36 Euro AK. Also für einen Donnerstagabend.

Oder nehmen wir mal die Autokosten-Übersicht laut ADAC 2015 (Neuwagen, 4 Jahre fahren, 15tkm jährlich), da kommt man für einen popeligen Golf 1.6 TDI auf 550 Euro im Monat. Naja, und für ne Frühjahrs-Inspektion meines alten Motorrades kam ich dies Jahr auch schon auf 900 Euro, weil die beiden vorderen Bremsscheiben endgültig runter waren.

Man sollte auch mal bedenken, wenn jemand von Lehrgängen tatsächlich leben will, dann wird er das wohl auch als Gewerbe anmelden müssen, wenn er nicht Ärger mit dem Finanzamt haben will. Dann kostet das aber nicht nur Steuern, sondern die Zeit, die er für die Buchführung und die Vorbereitung der Unterlagen für die Steuererklärung braucht, muß er, wie jeder Selbständige, natürlich kostenmäßig auch auf die Arbeitsstunden umlegen. Eine Handwerkerstunde kostet ja auch so um die 40-50 Euro (kann aber auch bei 80 Euro liegen, wenn kostspielige Ausrüstung auf die Arbeit umgelegt werden muß).

Ich hab mal ein wenig gegoogelt, was denn z.B. ein Zertifikations-Seminar "Basiswissen ISO 14001" kostet, das ist eine Einführung in betriebliches Umweltmanagement. Da gibt's dreitägige Seminare, kostet etwa1000 Euro. Ohne Unterbringung!

Skeptisch werde ich allerdings, wenn das Geschäftsmodell sich als "anfixen und ausnehmen" umschreiben läßt, indem nämlich höhere Einweihungen deutlich mehr kosten, ohne daß da ein entsprechend höherer Aufwand erkennbar wäre.


~ a star is nothingness disguised as light ~

zuletzt bearbeitet 24.05.2015 10:21 | nach oben springen

#3

RE: Preis-Leistungsverhältnis in "religiösen" Gruppen

in allgemeine, religiöse Themen 24.05.2015 11:07
von Sleepwalker | 499 Beiträge

Zitat
Skeptisch werde ich allerdings, wenn das Geschäftsmodell sich als "anfixen und ausnehmen" umschreiben läßt, indem nämlich höhere Einweihungen deutlich mehr kosten, ohne daß da ein entsprechend höherer Aufwand erkennbar wäre.


Richtig, das ist das bekannte Geschäftsmodell von Scientology.

Beim O.T.O. will man damit wohl den höheren Graden eine gewisse Exklusivität verleihen.
Es wird nicht der "Guru/" (Caliph Hymenaeus Beta) aus USA eingeflogen oder mit den Initiationen ein steigender Aufwand betrieben.
Zumal die Jahresgebühren für die Mitglieder ebenfalls kontinuierlich mit den Initiationen angehoben werden.
Da können schnell einige hundert Euro anfallen...
Aus philosophischer Sicht also ein vergleichbarer Standpunkt wie bei LaVey:
Große Magiere sollen "große Brieftaschen" haben...

Andererseits ist der Preisvergleich mit einer aktuellen Mitgliedschaft in einem Fussballverein natürlich legitim.
Nur bietet der im allgemeinen etwas mehr Dienstleistung und Service als dein lokaler O.T.O.-Chapter...

An einer "Gnostischen Messe" des O.T.O. kann aber jeder ohne irgendwelche Verpflichtungen oder Gebühren teilnehmen.
Weitere Infos beim Ordo Templi Orientis Deutschland.


Brighter than the sun the darkness shines

zuletzt bearbeitet 24.05.2015 16:47 | nach oben springen

#4

RE: Preis-Leistungsverhältnis in "religiösen" Gruppen

in allgemeine, religiöse Themen 24.05.2015 20:34
von Daelach | 1.214 Beiträge

Ja, Scientology fiel mir auch dabei ein. Wenn man sich ansieht, in welchem Reichtum Hubbard gelebt hat, dann weiß man auch, wo das Geld hinging - jedenfalls nicht in die eigentlichen Kosten der Lehrgänge.

Den höheren Graden eine Exklusivität verleihen ist ja nicht verkehrt, und ich kann den OTO ja nicht beurteilen; aber generell, sollte die "Hemmschwelle" dazu finanzieller Natur sein, würfe das für mich schon Fragen auf. Nämlich die, wieso das nicht einfach anhand von Ansprüchen an den Prüfling geschieht. Das zöge weitere Fragen nach sich, wie z.B., ob die Prüfer womöglich selber gar nicht in der Lage sind, tatsächliche "Fortschritte" zu erkennen und zu beurteilen. Und wieso man die dann überhaupt als Lehrer auswählen sollte.

Bei Lavey sag ich ja nichts dagegen, weil "Kohle machen" expliziter Teil der Ideologie ist, und in so einem Fall ist das dann auch in sich konsistent, wenn man von einem höheren Grad erwartet, daß dieser oder jener Betrag für ihn kein Problem zu sein hat. Aber verglichen mit den Preisen für berufliche Seminare wie z.B. das von mir ergoogelte 14001-Seminar sind das doch Peanuts.

Davon ab ist es eine Sache, ob man ein ISO-Seminar hält, wo man objektivierbare Fragen stellen kann, ob jemand das nun draufhat oder nicht - aber eine andere, wenn's um "Spirituelles" geht. Das ist naturgemäß nicht objektivierbar und wird es auch niemals sein. Schon weil es, anders als materielle Wissenschaften, nicht um konvergente, sondern um divergente Fragestellungen geht. Wie immer, wenn es letztlich um Werte und nicht um Fakten geht. Da ist dann auch der Wert eines Lehrers begrenzt, denn:

"You can lead a horse to water, but you can't make it drink."


~ a star is nothingness disguised as light ~
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