#16

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 22.04.2011 17:41
von System-Karzinom (gelöscht)
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Im Grunde wurde bisher ausschließlich geschrieben, was mit dem Ausgangsthema zu tun hat. Ob nun religiöse Texte oder Motivation gleich welcher Art in Musik und Konzeption, es spielt für mich persönlich aus genau dem Grund keine übergeordnete Rolle, weil ich nicht davon ausgehen kann, daß jeder Musiker bzw. Tonkünstler sich seiner eigenen unterbewußten Implikationen zwingend bewußt sein müsste. Wäre es so, hätten wir es mit Hundertschaften von "Durchblickern" zu tun, die sich ihrer eigenen kontextualen Gedankenmuster absolut bewußt werden. Diese Annahme ist illusorisch. Insofern sehe ich für mich (individuell!) nicht die Notwendigkeit einer prinzipiellen Be- oder Verurteilung, sei es im psychedelischen Rock der 70er, der durchaus nicht selten christliche Implikationen beinhaltet, der Klassik (Bach & Co. waren bekennende Christen), oder eben in bestimmten Flügeln des Black Metal, weil ich zunächst einmal das Kunstwerk an sich betrachte, nicht unmittelbar des Künstlers Motivation. Wenn ich die zu analysieren beginne, mag ich zu dem Ergebnis kommen, daß er sich seiner Befangenheit in kontextualen Gedankenmustern nicht bewußt ist, was ihn für mich als persönlichen Gesprächspartner durchaus uninteressant machen kann. Was er aber EMOTIONAL (!!!) in Klänge umsetzt, muß nicht immer sein, was er umsetzen zu wollen vorgibt, denn wenn er zunächst nur seine Emotionen zum Ausdruck bringt, kann er das in religiöse oder ideologische Kontexte kleiden, ohne daß er selbst zunächst begreifen müsste, was diese Emotionen hervor gerufen hat.

Aus genau diesem analytischen Ansatz heraus interessieren mich die kontextualen Grenzsetzungen der Klangkünstler zunächst eher periphär, während die Kunst im Fokus meines Interesses steht. Da ich aber bsplw. in Dancefloor keinerlei emotionale Komponente sehe, von daher aöso eine gewisse "künstlerische Tiefe" fehlt, wird mein Qualitätsanspruch weder emotional noch formal erfüllt. Von daher interessiert MICH der Kram absolut nicht. Und das hat Daelach bisher nicht verstanden, denn meine Vorlieben haben rein gar nichts damit zu tun, daß ich mich einem Konsens bzw. einem Regelwerk gleich welcher Art und Herkunft verpflichtet hätte. Das wiederum ist bei ihm selbst der Fall, was er durch seine Aussagen hier im Thema wiederum bestätigt, denn er be-wertet und be-urteilt auf der Basis dessen, was er über die Hintergründe der Künstler zu wissen glaubt, bewertet von daher also nicht das Werk an sich (wertfrei).




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#17

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 22.04.2011 23:26
von Daelach | 1.214 Beiträge

Ich hau hier einfach mal ein paar Gedanken dazu rein.


Zitat von SK
Was er aber EMOTIONAL (!!!) in Klänge umsetzt, muß nicht immer sein, was er umsetzen zu wollen vorgibt



Was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man Musik als Kommunikation ansieht und sich überlegt, wie Kommunikation funktioniert, und insbesondere, wie die Sinngeneration funktioniert.

Zitat
Da ich aber bsplw. in Dancefloor keinerlei emotionale Komponente sehe



Ich schon.

Zitat
eine gewisse "künstlerische Tiefe" fehlt



Das wiederum sehe ich auch so, weil das allermeiste gerade an gutem Dancefloor total nach Fließband klingt. Dancefloor wird nicht gespielt, sondern produziert.

Der Punkt ist aber, nach was für Maßstäben man denn Tiefe definiert. Nichtmal ich würde Dancefloor ernstlich beispielsweise mit einem Bach'schen Orgelwerk vergleichen wollen. Rein künstlerisch gesehen gibt es auch viele Stücke im BM, die auch nicht gerade vor Kreativität überborden, sondern eher wie die x-te Auflage einer kaputten Waschmaschine im Schleudergang klingen. Dancefloor ist lächerlich, aber das kümmert ihn einfach nicht, während BM oftmals gerade wegen des Kontrastes aus musikalischer und inhalticher Belanglosigkeit einerseits und eines vollkommen ungerechtfertigten Elitarismus' andererseits sich lächerlich MACHT. Ich sehe in der Szene eine gewisse Spinal-Tap-Komponente (und, ja, ich weiß schon, daß das im hintersten Keller von Band Sowieso schon 1983 ganz anders war.. bla).

A propos Orgelwerk, da greife ich mal wieder guy_inkognito auf, das ist eine der wenigen Ausnahmen, wo ich mich tatsächlich freiwillig in eine Kirche begebe und sogar bereit bin, Eintritt zu bezahlen. Ich fand das niedlich, wie sich einer der Kirchenfuzzis vor dem Konzert dafür erstmal entschuldigt hat, aber eben darauf verwies, daß sie ansonsten nicht die Mittel hätten, den Spaß zu finanzieren. Wenn ich bedenke, daß man in Hamburg in der Markthalle allen Ernstes mitunter Konzertpreise zwischen 30 und 40 Euro bezahlt und dafür eine beschissene Akustik und eine noch beschissenere Belüftung bekommt, bei der ich es keine 10 Minuten in der Halle aushalte, dann sind 5 Euro Eintritt für ein wunderbares Orgelkonzert IMO echt nicht viel verlangt. Reich werden die damit nicht, denn das dürfte gerade mal reichen, um den Organisten zu bezahlen, der seine Brötchen schließlich auch nicht mit Licht und Liebe finanzieren kann.

Um die Idee der Nichtlimitierung aufzugreifen, die im OP schon rauskam: Gemäß den Spielregeln für klassische Orgelwerke ist der allermeiste Metal einfach nur billiger Schrott, schon weil Metal ein Massenphänomen ist, während Genies wie Bach seit jeher die Ausnahme unter den Menschen sind. Aaaaber: Für Metal gelten die Spielregeln klassischer Orgelwerke nicht. Folglich kann man ihn auch nicht verstehen, wenn man ihn nicht nach seinen eigenen Maßstäben betrachtet. Da könnte man eine Verbindung ziehen zu ethnologischer Feldforschung, wo ein Forscher eine Kultur dadurch erforscht, daß er Teil von ihr wird, d.h. die Sache von innen her betrachtet.

Ich denke da mal an mein letztes Manowar-Konzert. Ohne Zweifel sind Manowar-Songs sehr einfach aufgebaut, auch wenn die Musiker technisch schon deutlich komplexer spielen könnten, wenn sie wollten, was sie z.B. durch Soli auch immer wieder vorführen. Trotzdem hat mich das Konzert total umgehauen - als sie auf der Bühne das Schiff in Brand gesteckt haben, hatte ich Tränen in den Augen, so geil war das. Hätte ich Manowar gar nicht mehr zugetraut, ganz besonders nicht nach der "Louder than Hell". Andererseits war gerade diese Show sehr kontrovers, die Hälfte der Zuschauer fand das nervig und hätte lieber noch mehr Songs gesehen.

Wenn ich mal Rasta und BM betrachte, dann wird von beiden behauptet, daß sie eine Weltsicht transportieren würden. Das Drollige in der BM-Szene ist aber, daß eigentlich jeder erfolgreichen Band irgendwann Kommerz vorgeworfen wird, und zwar WEIL sie erfolgreich ist. Ohne das jetzt sarkastisch zu meinen, hat das schon fast das Format eines Zen-Koans. Denn wenn BM umso besser wird, je undergroundiger er ist, und umso schlechter je bekannter (=Mainstream-angepaßt) er ist, dann wäre der perfekte BM der, welchen es gar nicht gibt. Erinnert mich an den Zen-Koan "Was für ein Geräusch macht der Baum, der im Wald umfällt, wenn niemand da ist, der es hört?". Im Gegensaz hierzu ist Erfolg in der Rastaszene keineswegs etwas Negatives, weil es ja gerade der Witz ist, daß man die Menschen erreichen will. Der Gegensatz erklärt sich rasch, wenn man bedenkt, daß Rastafari vom Grundsatz her philanthropisch ist (vom Rassismus und Sexismus mal abgesehen), während das im BM nicht der Fall ist.

Bei Dancefloor hingegen geht es einfach nur ums fröhliche Abfeiern, nicht ums Nachdenken. Auch wenn ich die meisten BM-Interviews eher flach finde, aber genau wie im Rasta fragen sich die Leute immerhin ÜBERHAUPT, was das hier alles soll, während das im Dancefloor nicht so ist. Natürlich ist das vom Standpunkt einer philosophisch angehauchten Lebensweise oberflächlich. Bei Texten von Aqua sollte man besser gar nicht erst anfangen nachzudenken - die dienen im Wesentlichen dazu, eine Stimme zur Melodieführung einzubauen. Texte wie "dam di dadida" bringen das auf die Spitze. Andererseits hat das schon dadaistisches Format, ganz besonders deswegen, weil es gar nicht als dadaistisch beabsichtigt ist.

Tja, was bleibt.. vielleicht noch eine Querverbindung zu altindischen Schöpfungsmythen, die Tolkien ja im Silmarillion auch sehr schön aufgreift, wo die Welt ins Dasein musiziert wird. Und zur Stringtheorie - die man künstlerisch auch als schwingende Saiten interpretieren könnte. Womit man mal wieder eine Parallele zwischen altindischen Sachen und modernster Forschung hat, bei denen ich mich oft frage, ob diese Parallele ein Ausdruck meiner selektiven Wahrnehmung ist (d.h. ob ich das reininterpretiere) oder ob die im alten Indien auf ganz anderen Wegen schon fähig waren, Dinge zu begreifen. Es führen schließlich viele Wege nach Rom.

Selbst wenn man sich auf wenige Musikstile eingrenzt, ist die Vielfalt immer noch wichtig. Provokant formuliert: Ohne Dancefloor wäre Blackmetal nicht Blackmetal. Genau wie unsere ganze Sprache und auch unser Bewußtsein eine total selbstreferentielle Struktur aufweist, aufgrund derer wir normalerweise nicht das Absolute, sondern nur das Relative erfahren. Wäre Blackmetal alles an Musik, was es gäbe, dann würden wir ihn nicht einmal bemerken.

Ich persifliere mal einen Auszug aus dem Tao Te King, in meiner speziellen Art, bei der sich Ironie und Ernst soweit vermengen, daß ich sie nichtmal selber mehr trennen kann:

Wenn die Menschen der Erde alle den Dancefloor als Dancefloor erkennen,
entsteht [die Erkenntnis des] Blackmetal.
Wenn die Menschen der Erde alle den Kommerz als Kommerz erkennen,
entsteht [die Erkenntnis des] Underground.


Eine weitere Facette, die das OP aufgreift, ist das Phänomen der fraktalartig gebrochenen Kontexte und die Frage, anhand welcher Maßstäbe man denn urteilen will. Das hatten wir im alten Forum auch schonmal. Blackmetal ist u.a. oftmals getragen von einem rebellischen Antritt, das muß ich hoffentlich nicht weiter ausführen, und Satanismus ebenfalls. Da haben wir also eine Gemeinsamkeit. Dancefloor hingegen ist in keiner Weise rebellisch (ich schmunzele bei dem Gedanken daran).

Das Lustige ist nun, daß diese Rebellion sich anhand ganz bestimmter Rituale und Leitlinien vollzieht. Um nicht zu sagen, sie ist ziemlich gleichgeschaltet, weil die Leute auf dieselbe Weise rebellieren, das meinte ich mit Brians "wir sind alle Individuen". Dadurch entsteht paradoxerweise ein Konformitätsdruck in der Rebellion. Rebellische Akte werden geradezu formelhaft wiederholt, die Blasphemie wird zum Ritual. Man läuft in schwarz rum, man verkippt Blut von der Bühne, all das ganze Zeug halt. Die Subkultur ist zwar nonkonform in Bezug auf den Mainstream, aber sie neigt zu einem Konformismus innerhalb ihrer selbst. Die Künstler bringen brav genau die Rebellion und die Blasphemie, die von ihnen erwartet werden. Hat so ein bißchen was von "und täglich grüßt das Blackmetal-Murmeltier". Sobald man aber diese eingefahrenen Muster ernstlich durchbricht, geht das Geschrei los. Das ist der Grund, wieso ich die Dancefloor-Aktion von Furia so geil fand, nicht in erster Linie wegen des Dancefloor, sondern, Mainstream wie es zweifelsohne war - an genau diesem Ort, diesem Zeitpunkt und diesem Milieu war es antinomistisch. Es liegt nicht unbedingt Größe darin, Dancefloor zu spielen, wohl aber darin, es unter diesen Umständen zu tun. Und nicht nur das, sondern der nächste Tabubruch daran war ja, daß es auch noch vom Band kam.

Selbst meine Holde, die Dancefloor nicht ausstehen kann, fand die Aktion toll - und zwar nicht des Dancefloors, sondern des Mindfucks wegen.


~ a star is nothingness disguised as light ~

zuletzt bearbeitet 22.04.2011 23:27 | nach oben springen

#18

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 23.04.2011 08:43
von System-Karzinom (gelöscht)
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@Daelach:

Zitat
Was nicht weiter verwunderlich ist, wenn man Musik als Kommunikation ansieht und sich überlegt, wie Kommunikation funktioniert, und insbesondere, wie die Sinngeneration funktioniert.



Ich schrieb auch nicht, daß es mich wundert, sondern habe begründet, warum es mich eben nicht wundert bzw. ich eben NICHT prinzipiell be- und verurteilen MUSS, selbst wenn Texte und Konzept mir eventuell recht deutlich zeigen, was der Ausführende zunächst in seine Gedankengänge hinein interpretieren mag. Es ist Werk eines anderen Menschen, das nicht grundsätzlich den selben Wert für mich haben muß, wie für ihn. Selbst bestimmte Metal-Gruppen nutzen nicht selten Begriffe, von denen Außenstehende glauben würden, sie wären im Metal prinzipiell tabu (was schon einmal nicht sein kann, weil es einen Konsens im Gesamtkomplex dahingehend nicht gibt), bsplw. bei "Terrible Certainty" von KREATOR, dessen Textzeile "God knows what ... " in einer Nachspielversion von ABIGOR zu "Who knows what ... " geändert wurde. Immerhin hat es die Österreicher nicht daran gehindert, das Stück zu covern. Etliche weitere Beispiele von Metal-Covern u.a. auch aus dem Rock-Bereich weisen vergleichbare "Kuriositäten" auf.

Zitat
Ich schon.



Jo, aber das ist alleine Dein Bier. Du erhebst Deinen Anspruch an Dancefloor UND Metal hier aber nur zu gerne zum allgemein gültigen, indem Du suggerierst, man MÜSSE das so sehen.

Zitat
Das wiederum sehe ich auch so, weil das allermeiste gerade an gutem Dancefloor total nach Fließband klingt. Dancefloor wird nicht gespielt, sondern produziert.



Keine Ahnung, was "guter Dancefloor" sein soll, denn auch das unterliegt einer individuellen Bewertung und für mich gibt es schlicht keinen "guten" (also gelungenen) Dancefloor, was aber - wenn überhaupt - mein Problem wäre (ist es aber nicht, denn mir ist es völlig egal). Mit der Aussage, er werde nicht gespielt sondern produziert, triffst Du aber doch genau meine Aussage auf den Kopf. Es ist nun wiederum Frage der individuellen Perspektive, ob einem das zusagen kann oder nicht. Mir persönlich sagt es nun einmal absolut nicht zu bzw. entspricht nicht meinen individuellen Qualitätsansprüchen. Nichts anderes sage ich seit Monaten zu dem Thema. Von daher leuchtet mir auch nicht ein, wo das Problem liegen soll, denn ...

Zitat
Der Punkt ist aber, nach was für Maßstäben man denn Tiefe definiert.



Eben. Ich finde es nun einmal mehr als nur erstaunlich, wenn jemand Dancefloor als Kunst mit Tiefe betrachten will, aber das ist so wenig mein Problem, wie es Deines sein dürfte, wenn ich meine individuelle Sicht der Dinge äußere (was ich in der Regel nicht einmal getan habe, denn für mich ist der Kram schlicht indiskutabel).

Zitat
Rein künstlerisch gesehen gibt es auch viele Stücke im BM, die auch nicht gerade vor Kreativität überborden, sondern eher wie die x-te Auflage einer kaputten Waschmaschine im Schleudergang klingen.



Jo, und es gibt ebenso etliche andere, bei denen genau das nicht der Fall ist. Aus den wenigen Dir bekannten Beispielen nun eine Kategorialverurteilung zu konstruieren, ist völlig willkürlich. Dancefloor aber künstlerisch überhaupt mit "handgemachter" Musik vergleichen zu wollen, dürfte bereits an der Motivation scheitern, eben nicht Massenberieselung mit den obligatorischen Mitteln produzieren zu wollen, selbst wenn das im Einzelfall tatsächlich völlig mißglücken sollte. Ob nun die Motivation eines BM-Musikers MIR PERSÖNLICH (!!!) sinnvoller als Dancefloor erscheint oder nicht, ist dabei zunächst irrelevant, denn bereits im Grundsatz werden unterschiedliche Zielsetzungen anvisiert, unabhängig vom Resultat im Sinne des Gelingens.

Abgesehen davon gibt es etliche elektronische Seitenprojekte von BM-Musikern, die in der Regel szenenintern durchaus akzeptiert sind, mir persönlich aber auch nicht immer zusagen müssen, weil ich mich nun einmal keinem Regelwerk unterwerfe. Nicht einmal Jons Geklimper unter dem Projektnamen DE INFERNALI konnte mich vom Hocker reißen, zeigt aber, daß das Tabu (elektronische Klangkunst) im extremen Metal schlicht und ergreifend nicht flächendeckend existiert.

Zitat
Dancefloor ist lächerlich, aber das kümmert ihn einfach nicht, während BM oftmals gerade wegen des Kontrastes aus musikalischer und inhalticher Belanglosigkeit einerseits und eines vollkommen ungerechtfertigten Elitarismus' andererseits sich lächerlich MACHT. Ich sehe in der Szene eine gewisse Spinal-Tap-Komponente (und, ja, ich weiß schon, daß das im hintersten Keller von Band Sowieso schon 1983 ganz anders war.. bla).



Ist doch konstruiert, oder willst Du mir ernsthaft erzählen, Dancefloor-Kasper wären IMMER selbstironisch reflektierend unterwegs? Wohl eher nicht, zumal ich erst kürzlich mal am Rande mitbekam, wie sich bsplw. DJ Ötzi echauffierte, als man ihn auf die Belanglosigkeit seines Krams aufmerksam machte. Der Wert und Sinn einer Sache entsteht in der Regel im Auge des Betrachters bzw. des Schaffenden. Wenn ich Dancefloor-Kram aber höre oder mitbekomme, wie sich dessen Produzenten und Vorzappler so geben, so ist bereits die Annahme, das könne etwas anderes als völlig substanzlose Massenunterhaltung sein, meiner Meinung nach wesentlich lächerlicher, als es BM selbst in der dilletantischsten Ausformung jemals sein könnte, denn es wird nicht einmal anvisiert, etwas anderes als diese Massenunterhaltung zu produzieren. Abgesehen davon suggerierst Du wieder einmal, daß es explizit und ausschließlich um BM geht (mir nämlich nicht), bzw. Dilletantismus und Belanglosigkeit oder Elitarismus dem BM immanent wären, was wiederum nachweislich falsch ist. Für Dich mögen nahezu ausschließlich solche Gruppen existieren, weil Du nun einmal keinen halbwegs repräsentativen Überblick hast und offenbar auch nicht haben willst (was wiederum Dein Bier ist), aber mit der Faktenlage hat das nichts zu tun. Interessant finde ich aber auch, daß Du nun Deinen Bewertungsmaßstab zum allgemeinen erhebst, was Elitarismus bzw. lächerlich zu sein hat. Im Falle etlicher zumeist recht bekannter BM-Gruppen mit dieser Attitüde stimme ich Dir zwar zu, aber auch das ist wiederum eine individuelle Einschätzung. Wollte ich aber wirklich jeden Musiker oder Klangkünstler boykottieren, weil er ein arroganter bzw. sich elitär gebender Spinner ist, würde das eine Beschäftigung auf privater Ebene erfordern, die mir persönlich zu sehr Fantum wäre. Warum sollte mich das also interessieren?

Übrigens zünden Deine Spitzen hinsichtlich der Aussagen irgendwelcher Musiker auch in dem Zusammenhang nicht, denn wenn ich etwas zu dem Thema schreibe, dann ist es das, was ich in den Jahren selbst recherchiert bzw. erfahren und erlebt habe, und eben NICHT; was irgendjemand einfach so mal gesagt hat. Wenn Dich das persönlich ohnehin nicht interessiert, kannst Du nicht ernsthaft erwarten, daß nun ALLE daran desinteressiert sind und auf Dancefloor umsteigen MÜSSEN, nur weil Du Deine Pauschalverurteilung des Gesamtkomplexes Extremer Metal zum allgemein gültigen Standard aufblasen willst.

Zitat
Gemäß den Spielregeln für klassische Orgelwerke ist der allermeiste Metal einfach nur billiger Schrott ...



Auch das halte ich selbst dann für eine gewagte These, wenn man Deinen weiteren Ausführungen über Bach zustimmen wollte. Unabhängig von dieser Frage stünde aber auch in diesem Vergleich Dancefloor erst gar nicht mehr in irgendeiner künstlerischen bzw. formalen Relation. Den kannst Du im Vergleich zu beiden Komplexen schon alleine aufgrund der Tatsache vergessen, daß er sich auch formal derart stark limitiert, daß eine Konkurrenzfähigkeit bzw. Parallelen nicht gegeben sind. Mir leuchtet von daher auch der Sinn Deiner Pauschalverurteilungen und Vergleiche nicht ein.

Zitat
Wenn ich mal Rasta und BM betrachte, dann wird von beiden behauptet, daß sie eine Weltsicht transportieren würden.



Nein, eben nicht. Nur in bestimmten Flügeln dessen, was per definitionem innerhalb der Jahrzehnte als BM durchging, wurde bzw. wird das behauptet. Und genau in dieser Pauschalisierung liegt nun einmal Dein Denkfehler, denn DEN (einen und einzigen) BM gibt es nun einmal nicht. Den hast Du Dir als Feindbildprojektion zurecht konstruiert, ohne auch nur annähernd zu überblicken, was im extremen Metal generell so geschieht. Bsplw. gibt es seit einigen Jahren eine deutliche Tendenz in die Richtung, Elemente u.a. des Shoegaze oder des Post Rock mit BM zu fusionieren. Hinzu kommt, daß Weltanschauungen nur von bestimmten Gruppen überhaupt explizit transportiert werden, während andere sich ganz bewußt einer konzeptionellen Ausarbeitung bedienen, die aufgrund ihrer sehr spezifischen Nutzung von Schrift, Sprache und Lyrik so ohne Weiteres keinem weltanschaulichen Kontext zuzuordnen wäre (insbesondere bei Amerikanern und Gruppen aus dem Nahen Osten).

Zitat
Denn wenn BM umso besser wird, je undergroundiger er ist, und umso schlechter je bekannter (=Mainstream-angepaßt) er ist, dann wäre der perfekte BM der, welchen es gar nicht gibt. (...) Im Gegensaz hierzu ist Erfolg in der Rastaszene keineswegs etwas Negatives, weil es ja gerade der Witz ist, daß man die Menschen erreichen will. Der Gegensatz erklärt sich rasch, wenn man bedenkt, daß Rastafari vom Grundsatz her philanthropisch ist (vom Rassismus und Sexismus mal abgesehen), während das im BM nicht der Fall ist.



Und erneut eine willkürliche Setzung, die wieder einmal suggeriert, daß BM per se dilletantisch bzw. "trve" oder "undergroundig" sein müsse, um akzeptiert bzw. positiv bewertet werden zu können (die Frage wäre ja, von wem eigentlich). Das trifft nun einmal nur in bestimmten Fällen überhaupt zu, während Du das hier zum szeninternen Konsens erhebst, den es nicht gibt (nicht einmal DIE Szene oder DEN BM).

Zitat
Das Lustige ist nun, daß diese Rebellion sich anhand ganz bestimmter Rituale und Leitlinien vollzieht. Um nicht zu sagen, sie ist ziemlich gleichgeschaltet, weil die Leute auf dieselbe Weise rebellieren, das meinte ich mit Brians "wir sind alle Individuen". Dadurch entsteht paradoxerweise ein Konformitätsdruck in der Rebellion. Rebellische Akte werden geradezu formelhaft wiederholt, die Blasphemie wird zum Ritual. Man läuft in schwarz rum, man verkippt Blut von der Bühne, all das ganze Zeug halt. Die Subkultur ist zwar nonkonform in Bezug auf den Mainstream, aber sie neigt zu einem Konformismus innerhalb ihrer selbst. Die Künstler bringen brav genau die Rebellion und die Blasphemie, die von ihnen erwartet werden. Hat so ein bißchen was von "und täglich grüßt das Blackmetal-Murmeltier". Sobald man aber diese eingefahrenen Muster ernstlich durchbricht, geht das Geschrei los.



Ich komme mir langsam vor wie bei den Grandts. Wieder einmal trifft diese Aussage lediglich auf einen bestimmten Flügel im BM zu, nebenher bemerkt übrigens nicht zuletzt auf eine eher auf Erfolg ausgelegte Schiene, selbst wenn sie vorgibt, etwas anderes zu sein. Aus diesem Grunde sind Dir derartige Gruppen dann auch zumindest am Rande geläufig, denn Du bezeugst immer wieder, daß "richtiger" Underground (im Sinne einer Unabhängigkeit u.a. von "größeren" Verlegern usw.) Dir eben nicht bekannt ist. Und das stellt keine Glorifizierung dar, sondern soll lediglich verdeutlichen, daß Dir in erster Linie der BM-Flügel bekannt ist, der auch jedem "Legacy"-Leser aufgrund der Tatsache geläufig ist, daß er nun einmal entsprechend gefördert wird. Aber auch hier weise ich noch einmal darauf hin, daß diese Tendenzen nicht repräsentativ für DEN BM bzw. DEN extremen Metal sind bzw. sein können.

Zitat
Das ist der Grund, wieso ich die Dancefloor-Aktion von Furia so geil fand, nicht in erster Linie wegen des Dancefloor, sondern, Mainstream wie es zweifelsohne war - an genau diesem Ort, diesem Zeitpunkt und diesem Milieu war es antinomistisch. Es liegt nicht unbedingt Größe darin, Dancefloor zu spielen, wohl aber darin, es unter diesen Umständen zu tun. Und nicht nur das, sondern der nächste Tabubruch daran war ja, daß es auch noch vom Band kam.



Ich schrieb weiter oben bereits, daß es kein Tabubruch ist, denn etliche Gruppen arbeiteten bereits mit elektronischen Ingredienzen. Es ist bestenfalls im Kontext der genannten Veranstaltung gemessen an der dort anwesenden Klientel ein Tabubruch, wiederum aber nicht repräsentativ für den Gesamtkomplex. FURIA sind wiederum genau eine dieser Gruppen, die Du streng genommen verurteilen müsstest, weil sie zumindest temporär einige Deiner Vorurteile durchaus erfüllt haben.

Zitat
Selbst meine Holde, die Dancefloor nicht ausstehen kann, fand die Aktion toll - und zwar nicht des Dancefloors, sondern des Mindfucks wegen.



Tja, und wenn man es schlicht nicht als solchen empfindet, sollte auch das zu akzeptieren sein, oder nicht?




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zuletzt bearbeitet 23.04.2011 08:51 | nach oben springen

#19

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 03:10
von Baeretta | 161 Beiträge

Bachs H-Moll-Messe, Händels 'The Messiah, Haydns Die Schöpfung oder Mozarts Requiem sind alles Werke, die ein intelligenter Mensch, der sich mit Musik beschäftigt, am besten Note für Note auswendig gelernt haben sollte. Wie er das dann mit "Satanismus", Satanismus oder was auch immer auf die Reihe bringen soll, ist sein Problem. Meins, der ich eh kein Satanist, schon gar kein "Satanist" und was auch immer bin, wäre es noch viel weniger, denn ich habe etwas gegen Gruppenzwang, Gehirnwäsche, Volksverblödung, aber bin immer dabei, wenn es um Geist, Magie und Kultur geht. Genau darum handelt es sich bei oben genannten Werken. Da wird der Geist des Menschen aktiv in Schwingung gebracht. Dass die Menschheit total beschissen sein soll, kann nur denken, der keine Ahnung von obigen Werken hat. Leute, lest mal ein Buch oder hört gelegentlich Musik, die den Namen Musik verdient.




Wer nichts weiß, muss alles glauben.

zuletzt bearbeitet 01.05.2011 03:10 | nach oben springen

#20

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 05:20
von System-Karzinom (gelöscht)
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@Baeretta:

Zitat
... denn ich habe etwas gegen Gruppenzwang, Gehirnwäsche, Volksverblödung ... (...) ... Dass die Menschheit total beschissen sein soll, kann nur denken, der keine Ahnung von obigen Werken hat ... (...) ... lest mal ein Buch (....) hört gelegentlich Musik, die den Namen Musik verdient.



Du hast den Nagel wieder einmal auf den Kopf getroffen. Niemand hier liest Bücher, obwohl sich das pralle Leben bekanntlich zwischen zwei Buchdeckeln abzuspielen pflegt, und niemand hier weiß, was Musik oder Klassik ist, auch wenn er sie seit Jahrzehnten hört und/oder spielt. Und freilich hat es rein gar nichts mit Gruppenzwang oder Gehirnwäsche zu tun, wenn man derart verallgemeinert und unterstellt wie Du.

Ein großes Hallo zum 1. Mai des ausgewiesenen Freigeistes Baeretta!

PS: Jetzt gibt es erst einmal die Vögel hinterm Haus im Wald zu hören. Keine Ahnung, ob deren Zwitscherkantaten religiös motiviert sind, aber astrein komponiert sind sie allemal.




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zuletzt bearbeitet 01.05.2011 05:39 | nach oben springen

#21

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 08:58
von Daelach | 1.214 Beiträge

Zitat von SK
Niemand hier liest Bücher



Also ich habe mir neulich ein Buch gekauft, und ich erwäge ernsthaft die Anschaffung eines Zweitbuches.


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#22

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 21:26
von Lili | 98 Beiträge

Zitat

Da ich aber bsplw. in Dancefloor keinerlei emotionale Komponente sehe.



Zitat
Ich schon.



Wenn ich mal was hinzufügen darf. Also ich möchte jetzt nicht für Dancefloor sprechen, sondern einfach mal für Minimal-Techno.
(zumindest ist es aber beides elektronische Tanzmusik)
Zumindest sehe ich da ebenfalls absolut keine Emotionen oder fühle mich emotional involviert in einen jeweiligen Track. Und genau das finde ich mitunter recht schön. Wenn ich mir aus verschiedensten Musikgenres Musikstücke anhöre, wie z.B. The Cranberries, dann fühle ich eine bestimmte Emotion, fühle mich fröhlich, traurig, wütend usw. Genauso verbinde ich mit der meisten Musik auch Erinnerungen, Situationen, Gefühle und Orte. Eigentlich fast immer wenn Texte, Messages, Harmonie oder Melodie vorkommen.

Beim (Deep) Minimal-Techno hingegen, aufgrund seiner Struktur, fühle ich gar nichts (höchstens ganz mich selbst). Ich bin im hier und jetzt, ganz auf mich selbst konzentriert und verschmelze mit der Musik. Sicher ist es elektronische TANZmusik und soll auch gar nichts anderes sein, aber wenn ein Track nun auch ziemlich ambient und atmosphärisch klingt, ist es fast so, als ob mein Geist irgendwo im nirgendwo, in der Leere schwimmt. Also kann ich die Musik auch durchaus zur Entspannung zu Hause hören, ohne irgendwie das Verlangen zum Tanzen zu haben.

Nichts gegen andere Genres, die höre ich ja auch sehr gerne, aber ich finde es auch wunderschön, einfach mal nicht mit Gefühlen und textlichen Botschaften zugemüllt zu werden.^^


"Wer glaubt etwas zu sein, hat aufgehört etwas zu werden."
-- Sokrates

zuletzt bearbeitet 01.05.2011 21:27 | nach oben springen

#23

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 22:07
von System-Karzinom (gelöscht)
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@Lili:

Der Punkt ist, daß ich niemals allgemein gültige Standards zu setzen versuchte, sondern stets betonte, daß es um meine individuelle Sicht der Dinge geht, die anderen so egal sein sollte, wie mir deren private Interessen außerhalb einer Diskussion ebenfalls völlig wurscht sind. Für mich spielt sich Musik in erster Linie dort ab, wo sie gespielt und komponiert und eben NICHT programmiert bzw. produziert wird. Diesen Unterschied betonte Daelach weiter oben schließlich selbst recht deutlich. Seine verquere Logik, jeder Diskutant, der nicht unmittelbar in seinen uninformierten Anti-Metal-Tenor einzustimmen bereit ist, müsse "trver BM-Nerd" sein, illustriert das eigentliche Problem in dieser Diskussion, daß er sich eine Feindbildprojektion zurecht gebastelt hat, die nachweislich falsch ist, diese aber als Faktum fixieren will, weil er seine individuellen Präferenzen gegenüber denen anderer Diskutanten künstlich erhöhen will. Selbiges praktiziert Baeretta, indem er suggeriert, nur SEIN Verständnis "echter" Musik sei das Nonplusultra (einschließlich der anmaßenden Implikation, außer ihm lese niemand hier Bücher).

Mit anderen Worten: Die Ignoranz und Engstirnigkeit feiern hier Triumphe.




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#24

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 22:54
von Lili | 98 Beiträge

Zitat
Für mich spielt sich Musik in erster Linie dort ab, wo sie gespielt und komponiert und eben NICHT programmiert bzw. produziert wird.



Nicht umsonst gibt es eine Technokultur, genauso wie so viele andere Subkulturen, eben weil sich die Musik genauso wie beim Techno, sich dort abspielt, wo sie gespielt wird. Festivals, Partys, Clubs und nicht zu unterschätzen, auch als Lebenskultur, wenn auch leider eher hedonistisch ausgerichtet. Auch ein Technoproduzent ist nicht dasselbe wie ein DJ, denn der Produzent programmiert (bestenfalls) sein individuelles Werk und spielt es dann gegebenfalls einem Publikum vor, ein DJ hingegen produziert vielleicht auch etwas, aber sein Bereich ist vielmehr, sich jede Woche im Plattenladen oder im Internet sich durch Dreck zu wühlen, um dann ein paar Perlen zu finden, die er dann spielt, verändert und mixt.

Ein BM Track wird doch auch in einem Studio (wenn vielleicht auch manchmal in irgend einem Keller), mit entsprechendem Equipment komponiert.
Kulturen gibt es beide, Instrumente haben beide, gespielt wird bei beiden die Musik auch. Aber ob man jetzt das Eine "komponieren" und das Andere "programmieren" nennt, ist für mich auch nicht sonderlich interessant. Mir gehts ja eh nur darum, was ICH von der Musik habe und was sie mir gibt, oder auch NICHT gibt.

Naja und dein Zwist mit Daelach ist zwar unterhaltsam, aber interessiert mich nicht wirklich. Eure gemeinsame Geschichte und die Hintergründe kenne ich ja auch nicht.
Aber hey, was sich neckt, dass mag sich doch zumindest irgendwo ;)


"Wer glaubt etwas zu sein, hat aufgehört etwas zu werden."
-- Sokrates

zuletzt bearbeitet 01.05.2011 22:57 | nach oben springen

#25

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 01.05.2011 23:38
von System-Karzinom (gelöscht)
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@Lili:

Zitat
Nicht umsonst gibt es eine Technokultur, genauso wie so viele andere Subkulturen, eben weil sich die Musik genauso wie beim Techno, sich dort abspielt, wo sie gespielt wird. Festivals, Partys, Clubs und nicht zu unterschätzen, auch als Lebenskultur, wenn auch leider eher hedonistisch ausgerichtet.



Und genau das sehe ich eben in dieser Subkultur auch. Weder die Hörgewohnheiten noch die Motivation der Aktivisten und Hörer gehen auch nur annähernd mit meinen konform, weshalb diese Subkultur für mich persönlich nun einmal völlig uninteressant ist. Faktisch ist aber jede Subkultur oder "Szene" für mich uninteressant, nur war ich aufgrund meiner eigenen Aktivitäten jahrelang im Bereich des Metal aktiver als das bsplw. in anderen Sparten der Fall war, die ich ebenfalls beobachte und höre, zumindest bis ich mich im Jahre 2001 bereits deutlich von der Vereinsmeierei distanzierte. Die Frage ist von daher nicht zwingend, ob man denkt, etwas ablehnen zu müssen, weil man sich einer anderen Subkultur und/oder Ideologie verpflichtet fühlen würde - denn eine Fixierung in einer anderen Ecke des selben Raumes bringt nun einmal keinen Zugewinn an individueller Freiheit - , sondern eher, ob es einem tatsächlich zuwider ist, weil keine einzige Komponente einer Subkultur einem auch nur annähernd zusagt. Man futtert ja auch nicht gegen seinen Willen täglich Erbsen, wenn einem die zum Halse heraus hängen, nur damit niemand denkt, man fühle sich den Möhrchen ideologisch verpflichtet.

Insofern - um mal etwas deutlicher den thematischen Kontext zu bedienen - könnte ich persönlich auch mit jedweder Form religiöser Implikation in der Musik weitaus besser als mit dieser Art des Hedonismus leben können bzw. ist das auch der Fall, ganz einfach aus dem Grund, daß selbst der weinerlichste Götzenanfleher zumindest emotional besser zum Ausdruck würde bringen können, was mich an seiner Kunst potentiell interessieren und ansprechen könnte, als ein Produzent oder DJ, weil bereits die Motivation eine grundsätzlich andere ist.
Auch bestimmte Spielarten des (pseudo-) satanischen Black Metal strotzen nur so vor religiösen Implikationen, dürften also von daher jedem Kritiker des Theismus prinzipiell bereits gegen den Strich gehen. Alleine die Annahme, zwischen der religiösen Komponente bsplw. bei bestimmten (psychedelic) Rock-Formationen in Relation zu theistischen Satanisten im BM ernsthaft sinnvoll differenzieren zu wollen, ist zum Scheitern verurteilt, von der Dunkelziffer an "getarnten" Monotheisten im extremen Metal erst gar nicht zu reden (immerhin existieren bzw. existierten zahlreiche christliche Death Metal-Formationen, weil das in den 90ern ein kurzlebiger Trend war).
Gläubig im Sinne von an kontextuale Rahmenbedingungen im Denken gebunden sind letztlich beide und Freidenker in allen Musiksparten so selten, wie es grundsätzlich in der Gesellschaft der Fall ist. Von daher interessiert mich persönlich zunächst einmal das Ergebnis, nicht zwingend die Motivation oder genreintern gepflegte Konventionen, sofern sie denn existieren.

Zitat
Ein BM Track wird doch auch in einem Studio (wenn vielleicht auch manchmal in irgend einem Keller), mit entsprechendem Equipment komponiert.



Um es noch einmal kurz zu verdeutlichen, bin ich nicht auf BM limitiert, sondern höre schon immer jede Art der Musik, die mir grundsätzlich etwas geben kann. BM in der Form, wie er heute gerne zur Diskussion steht, gibt es ohnehin erst seit einer Phase, in der ich bereits jahrelang extremen Metal, Grindcore, Noise Rock usw. hörte. Immerhin habe ich in den vergangenen Jahren im alten Forum und hier etliche Formationen vorgestellt, die selbst mit Metal rein gar nichts zu schaffen haben. Das nur, um nicht erneut auf diese Schiene abonniert zu werden.

Um aber auf Deine Anmerkung einzugehen, interessiert mich persönlich in aller Regel nun einmal "handgemachte" Musik, eben weil ich selbst auch Musiker bin und mir elektronische Klänge in der Regel zu steril sind (es sei denn zur Unterstützung oder bei Formationen wie Shinjuku Thief). Der Vergleich einer Formation mit Instrumenten zum Produzenten im Studio hinkt aber meiner Meinung nach ganz gewaltig, denn unabhängig von der Frage, inwiefern bsplw. jüngere Musiker ihre Instrumente bereits beherrschen, sehe ich im potentiellen Zuwachs des spielerischen Könnens noch immer ein Potential zur individuellen künstlerischen Ausdrucksform, die ich in elektronischen Klängen schon aufgrund der Tatsache nicht erkennen kann, daß der Produzent A nun einmal mit den selben Grundvoraussetzungen wie Produzent B arbeitet, von daher also einerseits eine Steigerung der Kunstfertigkeit von vornherein begrenzt ist, andererseits die Bandbreite an Klängen bzw. deren Variablen ebenfalls gewissen Limitierungen unterliegt. Aber das ist auch nicht mein Bier.

Zitat
Aber ob man jetzt das Eine "komponieren" und das Andere "programmieren" nennt, ist für mich auch nicht sonderlich interessant.



Das sei Dir auch unbenommen. Mir sei unbenommen, es anders zu sehen.

Zitat
Naja und dein Zwist mit Daelach ist zwar unterhaltsam, aber interessiert mich nicht wirklich. Eure gemeinsame Geschichte und die Hintergründe kenne ich ja auch nicht.



Na ja, Du hast uns beide in unseren gegensätzlichen Positionen zitiert, darum bin ich darauf eingegangen.




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#26

RE: Religiöse Musik, ganz heißes Eisen

in Offtopic Forum 02.05.2011 01:42
von Baeretta | 161 Beiträge

Zitat von System-Karzinom

PS: Jetzt gibt es erst einmal die Vögel hinterm Haus im Wald zu hören. Keine Ahnung, ob deren Zwitscherkantaten religiös motiviert sind, aber astrein komponiert sind sie allemal.



Seh ich genauso. Gegen Vögel kann kein Komponist mithalten. Aber es gibt moderne Musik, die sich an Vogelgesang und anderen Klängen orientiert. Trotzdem erreicht sie nie die Dichte an Kommunikation von Vögeln in den Zweigen gegen Sonnenaufgang.




Wer nichts weiß, muss alles glauben.

zuletzt bearbeitet 02.05.2011 01:43 | nach oben springen


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