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Für Jemanden, der nie über Gott und Götter gehört oder gelesen hat, der die Möglichkeit eines solchen Glaubens also überhaupt nie von außen an sein Denken herangetragen bekommen hat, würde sich auch die Sichtweise des Atheismus mitsamt des Begriffes erübrigen.
Wahrscheinlich würde dieser Jemand staunend in das Universum blicken, vielleicht etwas "Höheres" erahnend oder auch nicht, vielleicht sich selbst in die Wirklichkeit dieses "Höheren" miteinbeziehen oder auch nicht. Mit ziemlicher Sicherheit würde er jedoch nicht behaupten, er sei dieses oder jenes und seine Meinung wäre in dieser oder jener Hinsicht eine Art steinerne Tafel, die gleichsam frei allem seinem eigenen Geist fremden Gedankengutes sei.
Geistige Freiheit von Menschen und Göttern entsteht durch die philosophisch-operative Entfernung allen Gedankengutes, das nicht aus einer augenblicklichen Betrachtung und Wahrnehmung selbst entsteht. Genauer gesagt entsteht bei einer solchen Betrachtung überhaupt kein Gedankengut, da hier Bewusstseinsebenen berührt werden, die transzendent jener Realität stehen, in welcher der Denkapparat als Werkzeug zu gebrauchen ist.
Ob die individuelle Erfahrung in einer Form von Kontemplation, Meditation, Trance oder Ekstase sich dann durch Götter oder eben durch deren Abwesenheit ausdrückt, ist so frei wie veränderbar und bedarf keiner Festlegung durch Worte mehr.
Wir brauchen unser funktionales Wissen und unser analytisches Denken, um uns in dieser Welt einzurichten und in unserer Körperlichkeit überleben zu können. Auf philosophisch-spiritueller Ebene KÖNNEN wir jedoch auf diesen Werkzeugkasten verzichten.
Dies wäre eine mögliche Sichtweise. ;-)
Zitat von subzero
Für Jemanden, der nie über Gott und Götter gehört oder gelesen hat, der die Möglichkeit eines solchen Glaubens also überhaupt nie von außen an sein Denken herangetragen bekommen hat, würde sich auch die Sichtweise des Atheismus mitsamt des Begriffes erübrigen.
Eben. Entweder würde der Gedanke (der bereits im Kern dualistisch ist) erst gar nicht gedacht, oder es käme zu völlig anderen Ideen, Gedanken und daraus resultierenden Kontexten. Ich für meinen Teil habe irgendwann gedacht, daß ich, sofern ich nicht mit dem Gedanken des Theismus in Berührung gekommen wäre, vermutlich niemals auf den Gedanken eines oder mehrer amorpher "allmächtiger" Wesen gekommen wäre, denn die Reduktion auf ein Bewußtsein, daß sich solche Setzungen selbst konstruiert, weil es vermeintlich keine überzeugenderen Erklärungen für Existenz und Naturphänomene hat, halte ich für widerlegbar (aus den genannten und anderen Gründen).
Es würde mich freuen, wenn Du nach meiner Rückkehr aus dem "Urlaub" auch noch hier aktiv bist, denn es ist schön, solche Gedanken noch aus einem weiteren Kopf in die Tastatur gehämmert lesen zu dürfen.
Zitat von System-Karzinom
Ich für meinen Teil habe irgendwann gedacht, daß ich, sofern ich nicht mit dem Gedanken des Theismus in Berührung gekommen wäre, vermutlich niemals auf den Gedanken eines oder mehrer amorpher "allmächtiger" Wesen gekommen wäre, denn die Reduktion auf ein Bewußtsein, daß sich solche Setzungen selbst konstruiert, weil es vermeintlich keine überzeugenderen Erklärungen für Existenz und Naturphänomene hat, halte ich für widerlegbar (aus den genannten und anderen Gründen).
Stimmt. Zweifellos.
Genau genommen hätte ich das Wort "Götter" in Bezug auf eine vom vermeintlichen Wissen anderer befreiten Schau gar nicht verwenden sollen. Da sieht man mal wieder, mit welcher Gewalt einem diese an sich völlig an den Haaren herbeigezogenen Prinzipien in das Gehirn programmiert wurden. Das sitzt.
Kaum schmeißt man diesen Müll von der Festplatte, baut er sich aus einem geradezu magnetischen Phantomfeld, das zurückgeblieben ist, wieder auf. Da wenn man nicht permanent mit geladener Schrotflinte vor seinen inneren Türen Wache hält!
Jap, es ist sauschwierig, sich davon effektiv zu befreien. Mich erstaunt das auch immer, wie fest und tief das "sitzt". Darum werden unsere Denkansätze hier auch nicht wirklich nachvollzogen, was sehr bedauerlich ist.
Ach ja, warum bin ich schon wieder hier? Die Bahn hat meinen "Urlaub" (mal wieder) zunichte gemacht.
Zitat von Luciferis
Kann man sich den überhaupt davon befreien ?
Ja, man kann (siehe das Thema).
*Öl ins Feuer gieß*
So Leute, ich habe mich durch fast (ja, fast) alle Beiträge gewälzt und es kommen mir mal wieder meine allseitsbliebten Piraha ins Gedächtnis.
Die Pirahas haben sich NIE mit Metaphysik beschäftigt, Sachen die sie sich nicht erklären können, zaubern sie sich nur aus dem Hut.
Wieso kriegen Pirahas Malaria? "Das sind kranke Blätter auf die sie treten"
SIe waren NIE mit Theismus beschäftigt und haben sich nie Fragen in dieser Richtung gestellt, nun kommen aber die Europäer und dolmetschern sich mit Mühe und Not zusammen "Es gibt einen Herrscher über alles, wir nennen ihn Gott und er hat alles erschaffen!" die Pirahas schauen sich bei sowas nur ungläubig an und fragen sich "HÄÄÄÄÄÄÄÄÄÄ, ähm, nein"
Macht sie das jetzt zu Gefangenen des theistischen Glaubenskonstruktes? Nein, was können sie denn dafür wenn sie mit so einer Frage konfrontiert werden und nur augenrollend verneinen?
Vllt meinte Sicarius versteht Sicarius genau das unter Atheismus.
So lange auf der Pizza steht, "Vor dem Erwärmen die Folie abziehen" ist die Menschheit dumm!
@guy_inkognito:
Zitat
Macht sie das jetzt zu Gefangenen des theistischen Glaubenskonstruktes? Nein, was können sie denn dafür wenn sie mit so einer Frage konfrontiert werden und nur augenrollend verneinen?
In diesem Falle kann man immerhin verfolgen, wie eine Kultur Erstkontakt mit dem Theismus bekommt. Die Frage ist nun, ob sie den Theismus jemals für sich annehmen werden oder nicht, aber Fakt ist, daß ihnen immerhin nun die Option zur Verfügung steht, genau das zu tun oder eben nicht. Wenn sie weiterhin rein gar nichts davon gewußt hätten und erst gar nicht auf die Idee kämen, einen theistischen Basisgedanken zu fassen, stünde der Theismus erst gar nicht zur Disposition. Sie wären dann aber eben auch NICHT Atheisten, da der theistische Basisgedanke ihnen völlig unbekannt wäre. Ich kann nur Atheist sein bzw. mich dazu bekennen, wenn ich überhaupt weiß, was Atheismus ist. Wenn ich das weiß, weiß ich aber auch, was Theismus ist.
Die Zeit wird zeigen, ob sie im theistischen Glaubenskonzept irgendwann befangen sein werden oder nicht, denn wie lange sie sich dagegen wehren könnten - insbesondere im hypothetischen Fall einer aggressiven Missionierung - steht in den Sternen. Wenn sie den Theismus irgendwann assimilieren und zum Bewertungsmaßstab erheben würden, wären sie wiederum im Kontext des Theismus befangen bzw. auf dessen Axiome limitiert.
Zitat
Vllt meinte Sicarius versteht Sicarius genau das unter Atheismus.
Ja, das meinte er damit, aber genau das war sein Denkfehler, denn die faktische Absenz - also das tatsächliche Nichtvorhandensein - eines theistischen oder atheistischen Gedankens ist NICHT Atheismus in seinem Sinne. Wenn ich Theismus nicht kenne, kann ich dessen Absenz nicht als Atheismus bezeichnen, wenn ich nicht einmal weiß, was ich da benenne. Aufgrund der Tatsache, daß ich den Theismus erst als Theismus benennen kann, wenn etwas zu benennen vorhanden bzw. gedacht ist, ist der Basisgedanke des Theismus aber nun einmal logisch NICHT absent sondern präsent (also vorhanden). Wenn ich dann quasi rückwirkend die faktische und absolute Absenz des Theismus aus einer Situation heraus postuliere, in der Theismus nun einmal präsent ist, ist die Annahme, er könne absolut absent sein, eine rein theoretische Setzung, die nicht zu belegen ist.
Wie willst Du bsplw. heute einen Apfel essen, dessen Existenz Du morgen vehement verleugnest, nur weil Du realisierst, daß Dir Äpfel absolut nicht schmecken, wenn Du dennoch weiterhin WEISST, daß der Apfel existiert hat? Das ist bestenfalls Verdrängungsmechanismus, kann aber niemals als faktische Absenz von Äpfeln betrachtet werden, denn an deren Existenz ändert Deine Weigerung nichts, sie weiterhin als existent akzeptieren zu wollen.
@Sicarius:
Zitat
Eine Kultur, der der Theismus nicht bekannt ist, lässt sich also durchaus als atheistisch bezeichnen.
Und WER bzw. WAS bezeichnet eine Kultur als atheistisch? Eine andere Kultur bzw. Individuen aus ihrer jeweiligen Perspektive, in welcher der Basisgedanke des Theismus gedacht wird bzw. bekannt ist. Wenn auch diese andere Kultur NICHTS von Theismus wüsste, würde sie die erste nicht als atheistisch bezeichnen können, weil der Begriff Atheismus ihr nicht geläufig wäre. Ist er ihr aber geläufig, trifft das automatisch auch auf den Theismus zu, der dann ebenfalls bekannt wäre.
Sprachlich gesehen muß ich hier sowohl SK als auch Sicarius rechtgeben:
SKs Ausführungen stimmen für den Fall, daß jemand sich selbst als Atheist bezeichnet, d.h. also eine Eigenbeschreibung. Jedenfalls, wenn wir mal eine vernünftige Person unterstellen, die die Bezeichnung nicht lediglich zur Provokation verwendet, ohne zu wissen, was es bedeutet; genauso, wie ein Kindergartenbengel "Hurensohn" aufgeschnappt haben mag.
Sicarius' Ausführungen stimmen für den Fall, daß jemand einen anderen als Atheist bezeichnet, d.h. also eine Fremdbeschreibung. Der Beschriebene muß hierbei nämlich nicht notwendig diese Fremdbeschreibung teilen (Eskimos bezeichnen sich auch nicht als Esikmos!), ja mehr noch, er muß nicht einmal in der Lage sein, sie zu teilen: ein Apfel beispielsweise ist gar nicht fähig, sich als Apfel zu bezeichnen, weswegen "Apfel" sogar ausschließlich als Fremdbeschreibung Sinn ergibt.
Solange man nicht sauber klärt, worüber man hier eigentlich spricht (Eigenbezeichnung vs. Fremdbezeichnung), kann man lange und ausführlich aneinander vorbeireden.
~ a star is nothingness disguised as light ~
Ganz so einfach ist es nicht (warum nicht, habe ich im Thema dezidiert erörtert).
Wenn der Atheismus schlicht und ergreifend ein Ding wäre, das nur zu entdecken, kategorisieren und typologisieren sei, würde ich Sicarius ja zustimmen, aber genau das können (a)theistische Konzepte aus dem Grunde nicht sein, weil eine Idee dahingehend voran gegangen ist, was in der Kategorie (A-) Theismus überhaupt zu definieren sein kann. Für den Apfel entfällt diese Notwendigkeit, weil er vorhanden ist und von daher tatsächlich lediglich benannt werden muß, um kategorisiert zu werden.
Insofern sprechen Theisten und Atheisten von einem Verständnis "göttlicher" Divinität, das mit alternativen, vergangenen, hypothetisch zukünftigen bzw. uns völlig unbekannten - usw. - nicht zwingend übereinstimmen muß, soll oder kann. Wenn ich also bsplw. mit Herrn Blub vom Planeten Blab über Theismus diskutiere, ihm in groben Zügen die Typologie erkläre, dann Parallelen zu meinem Verständnis des Theismus in eventuell seinem kulturellen Umfeld vorhandenen Mustern subjektiv für mich (!!!) erkenne, kann ich nicht als Faktum setzen, daß er dann von dem Theismus ausgeht, der mir geläufig ist bzw. der Begriff auf seine Muster azuwenden sei.
Da Theismus und Atheismus nun einmal benennen UND beschreiben, erfordert es Axiome, die Beschreibungen in diesem Sinne überhaupt zulassen. Darum ist die Setzung einer Präsenz theistischer Divinität ebenso eine rein theoretische Erwägung wie jene der Absenz des theistischen Glaubens bzw. Basisgedankens, denn innerhalb ihrer jeweiligen Kontexte bzw. anhand ihrer Axiome wären beide nicht beweisbar. Hinzu kommt, daß ich nicht zuverlässig aus einem theistischen System heraus beschreiben kann, wo Atheismus faktisch existiert bzw. existiert hat, da ich die absolute Absenz des Theismus in Vergangenheit und Gegenwart nicht beweisen kann, während dieser innerhalb meines Bezugssystems faktisch omnipräsent IST. Bereits die Annahme, man könne eine Absenz des Theismus in Systemen setzen, in denen er omnipräsent ist, entbehrt jeder Logik, da die Frage nach dem "Mangel an Glauben" (Sicarius) nun einmal eine graduelle (Mangel) ist, aber eben keine absolute (Absenz).
Wie ich bereits sagte, könnte ein Metzgermeister mit der selben Berechtigung behaupten, niemals Fleisch in der Theke liegen gehabt zu haben.
Zitat von SK
Da Theismus und Atheismus nun einmal benennen UND beschreiben, erfordert es Axiome, die Beschreibungen in diesem Sinne überhaupt zulassen.
Korrekt - aber nur auf Seiten des Beschreibenden, nicht auf der des Beschriebenen. Ebensowenig, wie man den Apfel um seine Meinung fragt, wenn man ihn als Apfel beschreibt, bräuchte man einen Angehörigen einer Kultur zu fragen, welche keine Götter kennt, um ihn als Atheisten zu beschreiben.
Daß er sich selbst nicht so bezeichnen würde (er könnte es nichtmal, wie Du korrekt begründest), ist zwar richtig, aber das ist es beim Apfel eben auch, und trotzdem bezeichnen wir ihn als Apfel. Es kommt bei diesem Punkt nicht drauf an, ob etwas "wirklich" existiert oder nicht, sondern darauf, daß das beschriebene Objekt nicht gefragt wird, ob es der Beschreibung zuzustimmen willens oder überhaupt fähig wäre.
Eben die Differenz zwischen Eigen- und Fremdbeschreibung.
Man könnte noch einwenden, daß in dem Fall unsere Beschreibung doch eigentlich eher was über uns als über das Beschriebene aussagt. Ja, das ist so, auch das ist nichts Neues - das liegt im Wesen der Beschreibung. Selbstverständlich findet sich der Konstrukteur in dem von ihm konstruierten Realitätstunnel wieder. Das ist konstruktivistisch offensichtlich. In allem, was wir beschreiben, begegnen wir auch uns selbst, da wir es ja vermittels der Begrifflichkeiten beschreiben müssen, die uns überhaupt zur Verfügung stehen (mit welchen auch sonst?).
Der Spiegelsaal ebend. Oder Maya, wenn Dir das lieber ist. Das mit dem Atheismus ist auch nur ein Spezialfall davon.
~ a star is nothingness disguised as light ~
Jup, und genau das versuchte ich hier Sicarius zu vermitteln. Er geht davon aus, daß die Beschreibung unabhängig vom Beschreibenden lediglich auf objektiver Faktenlage basiert, was aber anhand meiner bisherigen Ausführungen als Irrtum entlarvt werden sollte.
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