Interessante Fragestellung. Ich hatte das Buch vor Ewigkeiten mal gelesen, war mir aber nie so richtig sicher worauf der Herr London da eigentlich hinauswollte. Als ich an dem ziemlich lahmen Ende des Buches (van Weyden und Maud auf dem Eiland nach Larsen´s Tod) angelangt war, hat sich natürlich unweigerlich die uncoole Schlussfolgerung aufgedrängt, dass der liebe, brave und aufrichtige van Weyden der eigentliche "Held" des Romans sein sollte, im Sinne eines Entwicklungsromans, wo sich der verweichlichte Städter unter widrigsten Bedingungen zu einem harten Kerl mausert, ohne dabei seine humanistischen Ideale zu verlieren. Andererseits wird Larsen von van Weyden zwischendrin auch immer wieder bewundert, dafür dass er es ohne formelle Bildung als Autodidakt und nur durch seine ultraharten Charakterzüge so weit gebracht hat. Van Weyden zeigt sogar Verständnis für Larsen´s psychopathische Charakterzüge, weil Larsen schließlich aus sehr unschönen Verhältnissen stammte, und er ohne seine enorme Agressivität und Härte, und seinen "Willen zur Macht" keine Chance im Leben gehabt hätte. Aus van Weyden´s Sicht ist Larsen daher nur ein extremes Produkt schwieriger Lebensbedingungen, aber London´s Darstellung von Larsen´s Charakter ist einfach viel zu faszinierend, als dass man annehmen könnte, dass van Weyden´s Sicht der Dinge wirklich 1:1 London´s Sicht wiederspiegelt.
Ich glaube sogar London hat van Weyden womöglich nur deshalb als positiven Helden nur eingebaut, um den Antihelden Larsen noch mehr hervorzuheben und v.a. um hinterher nicht als Antihumanist zerrissen zu werden: Nicht dass jemand denken würde, London würde eine Faszination für den Larsen-Charakter propagieren.
Nun bin ich leider kein Nietscheaner und kenn mich mit dem Übermenschenkonzept nicht so gut aus. Klingt natürlich plausibel, dass der Seewolf in diese Richtung geht. Ich denke aber, dass es London mehr so um die Schilderung eines Systems von Gewaltherrschaft ging. Larsen ist ein Psychopath, er hat kein schönes Leben, und alles was er macht ist durchweg nur der allerfieseste Scheiß. Was London mit der Story sagen wollte, ist meiner Meinung nach, dass dieser Defekt in Larsen´s Persönlichkeit (also diese asoziale Agressivität und Empathielosigkeit) ihn kurioserweise zu einem Herrschertypen gemacht hat. Und das ist kein Dummer Gedanke. Ein großteil aller Herrscher in der Menschheitsgeschcihte waren komplett kranke Arschlöcher: beispielsweise die soziale Funktion eines Fürsten des (frühen) Mittelalters bestand im Grunde darin, zu Knechten, zu Strafen und Krieg zu führen - gnadenlos brutaler Gewalttäter als Beruf, wozu natürlich auch die entsprechende Berufung, also charakterliche Disposition dazugehört hat, um darin erfolgreich zu sein. Und das war ein System was Jahrhundertelang so weitergelaufen ist, und zwar in so ziemlich allen Gesellschaften der Erde. Das waren für die meisten Leute damals keine schönen Zeiten, aber das System hat nunmal so funktioniert, und ist lange Zeit sehr stabil geblieben.
Der Seewolf war eben ein eigentlich dysfunktionaler Charakter, der aber seinen psychischen Schaden dazu verwenden konnte, es zu etwas zu bringen. Damit ist er zwar vielleicht kein Vorbild, und erst recht keine Weiterentwicklung des Menschen. Aber er hat das Boot nunmal trotzdem regieren können. Seine Herrschaft hat funktioniert. War nicht schön, war auch nicht nachhaltig, aber war eben so.
Zitat von tm... satanistische Freiheit und Lebenskunst weiterhin aufblüht. Wär das nicht schön?
wär sogar SEHR schön, scheitert aber ja schon zu Lebzeiten am Generationenkonflikt. Welcher Youngster will das schon wissen, was ihm irgendein Opa verklickert? Es ist doch das Vorrecht der Jungen, sich selbst für den Nabel der Welt zu halten und alles besser zu wissen - erst recht der jungen Satanisten. Das ist doch sogar ihr Label!
Das liegt aber wiederrum daran, dass die meisten älteren Leute einfach total uncool sind; also entweder waren sie schon immer uncool, oder sie sind halt mit dem Alter so geworden. Der Generationenkonflikt wird immer als Aufbegehren der Jugend gegen die älteren Generationen dargestellt, aber es gehört auch ein gutes Stück Ignoranz der Älteren gegenüber den Jüngeren dazu. Alt werden ist bei den meisten Leuten als allererstes an dem Verlust geistiger Flexibilität zu bemerken, und gerade in Bezug auf die Weltanschauung ist das grundsätzlich eine ungünstige Entwicklung (egal ob Satanismus, Anarchismus, Religion oder sonstwas; Selbst das Christentum könnte ein cooler Verein sein, wenn die es mal sein lassen könnten, auf ihrem dogmatischen festgefahrenen Alte-Leute-Sakral-Gelaber rumzureiten, sich von alten Leuten regieren zu lassen und ihre spirituelle Inspiration aus alten Büchern oder Büchern von alten Leuten zu schöpfen).
Ich will da jetz keine Polemik gegen alte Leute starten, es gibt ja durchaus einige wenige, die sich ihre geistige Flexibilität bis ins Greisenalter erhalten haben. Wer sich mal mit der bundesdeutschen Goaszene vertraut gemacht hat, ist da vielleicht auch schon den ein oder anderen vollständig ergrauten Althippies begegnet, die dort (sofern es der orthopädische Zustand noch zulässt) volle Kanne die Nächte durchraven oder, wenn die Knochen dazu zu arg weh tun, einfach mit der 40 Jahre jüngeren Jugend von heute am Lagerfeuer hocken und eine Schar aufmerksamer Zuhörer mit phantastischen Geschichten aus alter Zeit bespaßen; oder sich selber für das Leben der jungen Menschen interessieren und ernsthaft versuchen da durchzusteigen, was die jüngere Generation so alles bewegt. Leider gibt es nur sehr wenige solche Leute. In meiner Verwandschaft versammeln sich die älteren Semester lieber am Kaffeetisch, schieben sich ne Butterkremtorte rein und führen stundenlange Gespräche über ihren Hauptlebensinhalt: Fernsehsendungen mirt Günther Jauch und Markus Lanz. Und das wiederrum ist ein Lebensstil, den man sich als junger Mensch auf keinen Fall antun kann. In einem solchen Milieu ist der Generationenkonflickt absolut gerechtfertigt und notwendig.
Bezüglich der Sache mit der Alzheimer und Senilität: Wenn man erstmal seine geistige fitness eingebüßt hat und nicht mehr klar denken kann, kann man glaub ich kein richtiger Satanist mehr sein. Dann kann man überhaupt keine richtige Weltanschauung mehr haben, weil der Denkapparat schlicht und einfach defekt ist. Wenn sich der Bewusstseinszustand irgendwann mehr und mehr mit Wirrniss und Altersdepression verlagert, sollte man vielleicht rechtzeitig daran denken, sich das Zubehör für den goldenen Schuss zurechtzulegen, weil ab nem gewissen Punkt wirds einfach nicht mehr besser.
Wenn man körperlich den Bach runter geht, hat man immernoch seinen Geist, aber wenn man mal geistig den Bach runter geht, ist man nurnoch ein fressender, kackender, pissender (und in den meisten fällen kränkelnder und schmerzender) Körper.
Zitat von RAFA im Beitrag #3Ebenso für Frauen: Die meisten Frauen haben ganz von Natur aus schon andere Perspektiven, Bedürfnisse und Triebe als Männer, nämlich Gluckenverhalten und Kinderwunsch, Ästhetik, Kunst, Harmonie, Nestwärme, etc.. Bekanntlich wollen Frauen auch eher mal "nur kuscheln", statt rumficken. Da die Männer aber "lauter" in Erscheinung treten - auch im Satanismus - dominieren da lauter männliche Ideale und es sieht so aus, als könnte man kein Satanist sein, wenn man nicht mit Schwert und Keule in den Kampf ziehen möchte. Solche Vorstellungen sind aber nicht primär satanisch, sondern nur männlich. Für einen Mann ist es natürlich satanisch, das dann auch zu leben, nicht unbedingt aber für ne Frau.
Was is das eigentlich für ein Statement? Die Ausrufung des neuen feministischen Satanismus?
Zitat von RAFA im Beitrag #3Dass so ein Greis natürlich kein Interesse an "Survival of the fittest" hat und ihm natürlich auch völlig wurscht ist, ob seiner nun länger ist, ob seine Might auch right genug ist oder ob er der größte Macker ist, ist ja wohl logisch. Mit Sex und Lust hat er wohl nichts mehr am Hut und what he wilt, ist im Allgemeinen nur noch seine Ruhe: man wird im Alter bescheiden, was soll man denn auch schon groß wollen? Da hat man einfach ne andere Perspektive, weil man hat definitiv ziemlich Abstand vom Leben, denn das solche hat man ja so gut wie hinter sich.
Was macht nun einer, wenn er Satanist ist - oder KANN einer in dem Alter gar kein Satanist mehr sein?
Also wenn man irgendwann einfach ein bisschen seine Ruhe haben und im Schrebergarten Radieschen züchten will, ist das doch kein Widerspruch zur eigenen Weltanschauung. Oder gibts im Satanismus etwa ein Gebot, dass man jeden Tag perversen Sex haben, jedes Wochenende ein unschuldiges Tier opfern und mindestends einmal im Monat irgendein christliches Bauwerk schänden muss? Irgendwann wird halt jeder mal alt, und dann geht das einfach nicht mehr so leicht von der Hand. Is ja keine Schande, im Alter mal ein bisschen kürzer zu treten, so lange man im Kopf noch fit und flexibel ist, und nach wie vor genau weis warum man diese Weltanschauung für sich ewählt hat.
Die alten Satanisten könnten das doch genauso machen wie die alte Sozialisten. Sind ja schließlich beides sehr diesseitige Weltanschauungen. So ein alte Sozialist kommt ja irgendwann auch mal an den Punkt, wo er merkt dass er nicht mehr viel ausrichten kann in der Welt, und dass er von der kommenden Weltrevolution wahrscheinlich nix mehr mitkriegen wird. Aber was er noch machen kann, ist, das Wissen und den Erfahrungsschatz seines Lebens an die kommende Generation weiterzugeben, damit die es vielleicht endlich schaffen, eine bessere Welt zu schaffen. Da hat man ja natürlich als atheistischer Sozialist nix mehr davon, weils kein Leben nach dem Tod gibt, und man für die Taten seines Lebens sowieso keinerlei Belohnung oder Bestrafung oder so kriegen wird. Aber es is doch schön, wenn das eigene Gedankengut von anderen weitergetragen wird, und man in der Hoffnung auf eine bessere Welt ableben kann - okay, das war jetzt die alte- Sozialisten-Perspektive; Satanisten hingegen wollen vielleicht nich unbedingt ne bessere Welt. Aber ich denk, auch für einen alten Satanisten, der auf kein Leben nach dem Tod wartet, und mit dessen letztem Atemzug alles enden wird, kann doch die ruhigeren Zeiten im hohen Alter dazu nutzen, nochmal seine Erinnerungen und seine Weltanschauung zu rekapitulieren, und in großväterlicher/-mütterlicher Manier an jüngere Leute weiterzugeben, und sich an dem Gedanken zu laben, dass das satanistische Gedankengut und die satanische Freiheit und Lebenskunst weiterhin aufblüht. Wär das nicht schön?
Nur wenn man dann irgendwann ganz und gar senil und bettlägrig wird, isses nicht mehr cool. Da tät ich dann echt rechtzeitig schluss machen, weils ab nem gewissen Punkt einfach keinen Sinn und auch keinen Spaß mehr macht.
Also ich denk für Jügendliche kann soein bisschen Satanismus schon ne gute Sache sein. So a weng antisoziales Gedankengut und ein paar ultrapervese okkulte Experiences halt ich als Beitrag zur Persönlichkeitsentwicklung für gehaltvoller, als wie wenn man als Normalo mit den Kumpels zum Sportverein geht oder sich damit begnügt, die paar typischen Erfahrungen mit Sexualität und Alkohol zu machen. Auch wenn eine ausgefreakte Jugend als krasser Satanist vielleicht viele Dinge nicht gerade einfacher macht, kann man sich dadurch zumindest frühzeitig vom eisernen Griff der sozialen Norm lösen. Natürlich wäre eine Jugendzeit als Punk, oder Hippie, oder Stoner, oder als gefährlicher Gangster aus der Hood im Problemviertel unter diesem Gesichtspunkt ebenso pädagogisch wertvoll wie eine Jugend als Satanist.
Aber ich frag mich wie lange man das dann durchziehen kann oder will. Ist dieses Satanistending nicht irgendwann einfach ausgeschöpft? Ich mein, man kann da zwar bestimmt für lange Zeit an den musikalischen, ästhetischen oder literarischen Aspekten diverer satanophiler Subkulturen seinen Gefallen finden, aber dass der Satanismus einen rein von der Kosmologie her bis ins hohe Alter noch flasht, kann ich mir eigentlich nich so vorstellen. Immerhin bewahrt einen die Beschäftigung mit lauter krassem Scheiß vielleicht ein bisschen davor, geistig zu altern und irgendwann konservativ zu werden.
Was meinst du denn mit einer "vom Leben gedemütigen Weltanschauung" Rafa?
Zitat von Gast im Beitrag #30Die Hölle bedeutet aber Qual und Leid bis in alle Ewigkeit, darauf bin ich nicht besonders scharf.
Moment mal: Du bist einfach so geboren worden ohne gefragt zu werden, und wirst einfach so in den Katholizismus reingeboren ohne dir das überhaupt vorher mal überlegen zu können ob der Verein das Richtige für dich is - und dann wird dir da gesagt, dass alle coolen Sachen im Leben Sünde sind, und wie du zu leben hast und wie nicht, und wenn das nicht dein Ding ist und dir nicht taugt, dann schmeißt dieser Gott dich einfach so in die Hölle und foltert dich für immer und alle Ewigkeit - wie arschig is das denn? Der Erschafft einfach so die Menschen damit sie nach seiner Pfeiffe tanzen, und wenn sie ihm nicht taugen, verdammt er sie zu unendlichen Qualen - was für ein Fascho! Das is ja einfach nur die fieseste, erniedrigendeste Bevormundung, ey! Sowas tät ich mir nicht gefallen lassen! Zu soeinem alten Drecksack tät ich nicht beten, da kann der noch so göttlich und heilig sein, da krieg ich den blanken Trotz bei sowas!
Ich mein, ich glaub ja sowieso nicht dran dass es diesen Gott überhaupt gibt, aber wenns ihn gäbe, dann wär dieses System in was der uns kleine Menschlein da angeblich reinzwängt, eine einzige miese Leutschinderei. Wie kommt man denn überhaupt auf die Idee, dass ein Gott, der einfach so jeden der ihm nicht in den Kragen passt, in die Hölle schmeißt, der "Gute" sein soll? Ganz ehrlich, auf sojemandes Seite möcht ich nicht stehen, das könnt ich nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.
Übrigens: Falls du schonmal von dem katholischen Konzept "Gaudium" gehört hast: Demnach bist du sowieso schon unten durch, weil die Zweifler werden sowieso gleich ausgesiebt. Drum lass das mit der Gottesfürchtigkeit lieber gleich sein, und mach das Beste aus deim Leben.
Oh Mann,ih wollte ja nur mal dezent nachfragen, und erhoff mir da ne Antwort auf meine durchaus sachliche Nachfrage, und dann kommt gleich wieder soeiner und muss da gleich in der bildhaftesten Sprache irgendwelche unnötigen Szenarien ausmalen. Mensh, die Frau is Katholikin, jetz hast se wahrscheinlich verschreckt!
Also das mit dem "Frischfleisch" täte mich auch interessieren. Ich hatte da ähnliche Assoziationen wie der Sleepwalker. Sach mal, OP, kann es sein dass du damit irgendwie andeuten wolltest, dass du geneigt wärst, vom Glauben an die Heilige Römisch-Katholische Kirche abzufallen, das Lager zu wechseln und demnächst mal bei soner schwarzen Messe mitzuficken? Falls ja, ist die Selbstbezeichnung als "Frischfleisch" vielleicht kein so smarter Move. Könnte mir vorstellen, dass man mit soeinem Titel eher an nicht so nette Leute gerät. Naja, manche stehn wohl genau dadrauf.
Zu der Frage nach den Motiven, sich mit Satanismus zu beschäftigen: Wenn man dieses Forum hier so durchliest, stößt man auf sehr viele Posts, in denen nur wirres, morbides, oft schlecht artikuliertes, verschwörungstheoretisches, misanthropisches Gelaber geschrieben steht (in diesem Faden wären da beispielsweise die Posts #6, #7 und vielleicht #9 zu nennen). Ich geh mal davon aus, dass es sich bei diesen Leuten um sozial inkompetente und bissl gestörte Leute handelt, die wohl aus Frustration und Trotz eine Anti-Haltung zu allem was von der Gesellschaft als normal angesehen wird eingenommen haben, um ihre mangelnde soziale Integrationsfähigkeit zu rechtfertigen. Für solche Leute ist Satanismus wohl die Ideologie der Wahl. Da tummeln sich halt leider viele ziemliche Lowlifes.
Der nicht so behämmerte Rest der Satanisten, die hier bisweilen posten (oder sich wahlweise im echten Leben betätigen, was wohl eigentlich gescheiter ist), dürfte wohl aus lauter freakigen Individualisten bestehen, von denen wohl jeder seine ganz eigenen Gründe haben dürfte, sich für das Thema zu interessieren. Die sind dann widerum schwer unter einen Hut zu bringen, gerade weil das Okkulte ja auch ein echt weites Feld ist, von Esoterikbis Nihilismus, ohne einen allzu deutlichen roten Faden, ohne Leitideologie oder Dachorganisation. Die sind eben ein bunter Haufen, diese Satanisten.
Ich selber mag ja allen möglichen abgedrehten Scheiß, was der Grund ist wieso ich hier bisweilen auch nochmal in diesem Forum reinlese. Aber ich bin auch kein richtiger Satanist, ich sympathisiere lediglich mit allem was freakig und krass ist.
Zitat von Instant Karma im Beitrag #60ich habe keine Angst. Ich fänd' es sogar richtig klasse, wenn das hier alles mal schön eskaliert
Na immerhin in dem Punkt verstehen wir uns.
Und den Ersten Weltkrieg würde ich nicht unbedingt auf dieses eine kleine Attentat zurückführen. Das hat zwar gesessen, aber die eigentliche Ursache für den Großen Völkischen Krieg war ja eigentlich einzig und allein die verkackte imperialistische Monarchenmentalität der Staatsoberhäupter der Mittelmächte. Und zumindest am Anfang hatte das Volk ja auch voll Bock auf Krieg. Genauso wie die Araber gerade voll Bock auf Krieg haben. Sonst würden ja nicht so viele so eifrig da mitmachen.
Will sagen: So einzelne kleine Vorfälle tun fast nix, woraufs in der Geschichte ankommt sind größere politische und sozialer Strömungen. Die Amis haben die Afghanistan- und Irakgeschichte auch nicht nur wegen dem World-Trade-Center losgetreten, die hätten da auch schon lange vorher mal Bock drauf gehabt da hin zu gehn, nur nen offiziellen Grund hätten sie halt gebraucht.
Das is halt der Unterschied zwischen Ursache und Auslöser.
Und ja, ich sehe die ganze Angelegenheit durch die Westliche Brille, weil das ja klar ist, weil ich in Deutschland wohn und noch nie im nahen Osten gewesen bin. Du vielleicht? Wenn du kein Araber bist, bleibt dir auch nix anderes als die Westliche Brille. Und wenn ich mir so durchlese was du alles für xenophobe Befürchtungen aufbaust, hast du die ja sowas von auf, ey.
Die IS kommt nach Europa? Also wenn die das probieren, dann sind sie echt bad ass. Also ne, so krass und so blöd sind nichtmal die. Die Israelis sollten sich vielleicht ein bisschen Sorgen machen, dass die nächste Zeit eher stressig wird, aber nachdem die schon ein bisschen länger Erfahrung darin haben, wie man solche Situationen managt, is eigentlich nicht abzusehen dass das Kriegsgebiet sich irgendwann mal über die Levante hinaus ausbreiten könnte.
Ach, das sind aber jetz echt mal total überzogene Ängste was du da hast.
Und selbst wenns mal ab und an nen Terroranschlag in Europa geben sollte, was solls? Hats schon immer gegeben. In den 70ern haben die kommunistischen Stadtgerilleros hier und da mal ein bisschen geballert oder entführt, und im 19. Jahrhundert warens die Alt-Anarchisten. Hat alles großen Eindruck gemacht, aber passiert is dann am Ende doch nicht viel. Naja, okay, der erste Weltkrieg, aber der zählt nicht.
Jedenfalls muss man wegen so ein paar diffusen Ängsten doch nicht gleich fordern, dass präventiv irgendwelche fremden Länder in Schutt und Asche gelegt werden. Gönn denen doch auch mal was, ey!
Zitat von RAFA im Beitrag #51 ...und jetzt möchte ich aber auch mal wissen - weil wir oben das Thema "Verdrängung" oder "Angst" hatten: Könnt ihr (=die Enthauptungs-Fans) mir mal erklären, warum ihr euch irgendein Zeug reinzieht, was am anderen Ende der Welt passiert, an dem ihr nicht einwirken könnt und das so wenig Einfluss auf euer persönliches Leben hat, wie wenn in China ein Fahrrad umfällt (schließlich kurbelt auch DAS vllt die deutsche Fahrradindustrie an )?
Gute Frage - also ich mag so abgefuckten Scheiß einfach. Das Kalifat is zwar weit weg, und bis es bei uns mal so weit is, wirds wohl noch ein paar Jahrzehnte dauern... aber man wird doch wohl noch träumen dürfen...
Ne aber mal im Ernst, mich interessieren ja nicht die Enthauptungen und die Actionszenen die sich da abspielen, sondern eher das Movement was da dahinter steckt, was die ganze Sache aufgezogen hat. Wer weis, in ein paar Jahren wird man vielleicht erste geschichtliche und/oder biographische Aufarbeitungen dazu finden können, und die ganze Story aus der Sicht der einzelnen Personen nachlesen können, die sich da aus was auch immer für Gründen für den Bewaffneten Kampf entschieden haben - so wie man heute die damaligen Motivationen einzelner RAF-Mitglieder für ihre Aktionen ganz gut nachvollziehen kann, was die damals für charakterliche Eigenschaften hatten, und wie das mit dem Weltbild zusammengespielt hat.
Ich finds jedenfalls sehr interessant, wie genau sich soziale Bewegungen formieren, und wie die Leute die da drin sind, immer krasser werden. Hab selber einen Rechten in der Familie, und ein paar eher linksextreme oder einfach nur extreme Bekannte, die sich auch alle sehr eifrig mit den weltgeschichtlichen Begebenheiten auseinandersetzen, und zu denen ihren Ansichten ich ab und an ganz gern mal ein paar Parallelen zur Geschichte zieh.
Und man möcht sich natürlich auch mal gerne ein paar Einblicke zusammenreimen, wie das Menschengeschlecht so tickt. Sein eigenes Weltbild ganz außerhalb jeglichen historischen Kontextes zusammenzubaun, find ich nicht sonderlich ganzheitlich.
Zitat von Ophelia Mantis im Beitrag #49 Wenn du dich über soziologische und ethnographische Themen und über fremdartige Kulturen informieren willst, dann sind die Berichte der Massenmedien eine ziemlich schlechte Wahl. Der Erkenntnisgewinn geht da wahrscheinlich gen null.
Zitat von Ophelia Mantis im Beitrag #50Wenn man sich informieren will, dann sind derartige Berichte wertlos. Diese Berichte sind vielleicht dann interessant, wenn man wissen will, was da wieder für Propaganda betrieben wird. Oder auch dann, wenn man selbst im Medienbetrieb unterwegs ist, aus beruflichen Gründen mitreden muss und das Mediengeschehen allgemein beobachten will.
Also gegen Null geht der Erkenntnisgewinn nicht, immerhin kriegt man mit, DASS die Typen den halben Irak und ne große Ecke von Syrien erobert haben. WIE es da genau zugeht, das muss man sich halt zusammenreimen aus dem was man glaubt dass man glauben kann und was nicht. Man kann sich ja vielseitig informieren, wo is das Problem? Wenn ich ein Völkerkundebuch lese, dann kann ich auch nicht sagen dass das 1:1 so stimmt wies drinsteht, nur weil der Autor ne wissenschaftliche Ausbildung hat. das muss man dann auch im Kontext der Zeit und der kulturellen Herkunft des Autors und dessen wissenschaftlichen Paradigmen sehen. So is das nunmal in den Kulturwissenschaften, da is nix mit absolut wahr und absolut falsch.
Zitat von Instant Karma im Beitrag #3Ich habe bisher nie versucht Lord Satan herbeizurufen, weil ich Angst habe, mir damit meine Vorstellungen von ihm kaputt zu machen.
Ich muss grad an diese eine South-Park-Episode denken, wo Gott der Herr in seiner wahren Gestalt erscheint: klein und dick und hässlich.
Zitat von RAFA im Beitrag #47ich will mich NICHT ekeln vor irgendwelchen abgeschlagenen Köpfen, die mind. 3000 km von mir weg sind, weil dieser Ekel nützt mir nichts - außer, dass er mir unangenehm ist oder es mir für den Rest des Tages schlecht ist. DAS möchte ich nicht, weil das ist für mich SINNFREI.
Der Grund warum ich mich für so Zeugs interessiere, ist eine eher emotionslose, rein sachliche Faszination für fremdartige Kulturen. Man muss halt nur das Menscheln sein lassen, sodass man verstehen kann was da abgeht.
Das Blöde an solchen Themen wie der Sache von der IS is halt immer, dass die meisten Leute zuallererst mal Partei ergreifen, und dann rumheulen wie schlimm und grausam da drunten alles ist, und wer dadran schuld ist, und bla... Genauso wie man ab und an Leute trifft, die von einer Südamerika-Reise zurückkommen und einem dann begeistert von dem friedlichen und harmonischen Zusammenleben der dortigen Indios erzählen, und wie weise doch denen ihre kulturellen Überlieferungen sind, und dass die da die Natur so respektvoll behandeln, und alle sind voll spirituell druf da, und bla...
Man muss einfach bei sämtlichen soziologischen und ethnographischen Themen wos gibt emotional unvoreingenommen und ohne Wertung an die Sache ran gehen, dann hat man nen größeren Erkenntniswert, und die Stimmung muss man sich da auch nicht davon drücken lassen.
Oder, Rafa, du wirst doch wohl irgendwie ein Gespräch über Gräueltaten führen können, ohne danach schlecht drauf zu sein?
Genau lesen, Holzi: Da steht "Errungenschaften der westlich-europäischen Zivilisation". Alles Klar?
Und wegen der Anarchie: Der islamische Staat fuckt den richtigen Staat total ab, macht keine Anstalten, selber eine geordnete Verwaltung oder eine systematische Herrschaft zu etablieren, sondern gründet seine Macht allein auf Destruktivität und Terror. Und abertausende bewaffneter Typen streifen durch die Landschaft und nehmen sich was sie brauchen. Das ist gerade so ziemlich mit Abstand das anarchischste was die Welt zu bieten hat. Nirgendwo auf der Welt kriegen Staaten so aufs Maul wie da.
Und unterdrücken tun sie auch keinen (außer die Frauen). Die bringen halt einfach nur Leute um, oder Leute hauen von da ab um nicht umgebracht zu werden. Das Ganze kann man nicht wirklich als "Herrschaft" bezeichnen. Die Region is derbe destabilisiert, oder willst du was anderes behaupten?
Da könnt ich noch die Empfehlung dazu geben, den schönen Namen "Lucifer" in die Suchleiste einzugeben.
Aber was soll der Quatsch mit dem Licht und mit der Finsternis, ich seh nich ein warum man immer alles in soner bescheuerten Symbolsprache einpacken muss. Das hat mich schon zu Zeiten meiner höchst halbherzigen römisch-katholischen Erziehung immer angenervt. "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben" und solche Sprüche. Kann man nicht einfach mal sagen was Sache is, anstatt immer nur solches kryptische Zeug zu faseln?
Zitat von RafaJa, schlimme Sachen, böse Gewalttaten, Ungerechtigkeiten, schrecklich - aber dann schau ich mir das einfach nicht an! Es bereichert meinen Tag doch nicht, wenn ich hier hock und schockiert bin.
So sehe ich das auch. Was habe ich denn davon, wenn ich mir sowas reinziehe, dann dadurch schlechte Laune bekomme, vor mich hingrübel wie schlecht die Welt doch ist? Dadurch zieht man sich runter, wird vielleicht noch krank und verbreitet mit mieser Laune nur noch mehr Negativität. Ist damit irgendwem geholfen?
Dieser Thread hier hat schließlich innerhalb von ein paar Tagen schon 3 Seiten lang geworden, also anscheinend gibts doch ein paar Leute die an sowas Geschmack finden. Zurecht! Der glorreiche Siegeszug der IS ist ja auch ein hoch interessantes Thema! Auch wenn uns das hier in Europa jetzt nicht wirklich betrifft, gehört es doch für viele Leute dazu, ab und an mal ein bisschen über den Tellerrand zu schauen, und sich damit zu beschäftigen, wie denn anderswo Geschichte geschrieben wird - find ich jedenfalls spannender als mich mit europäischer Politik zu beschäftigen die is nämlich völlig nichtssagend und zum einschlafen.
Es is ja schon so, dass das was da im nahen Osten grad so abgeht, fast sowas wie eine weltgeschichtlichen Umwälzung in ein neues Zeitalter fanatischer Zerstörungswut ist; man könnte auch sagen, eine Renaissance mittelalterlicher Werte und und Glaubensvorstellungen, aber eben mit den technischen Mitteln der heutigen Zeit - wie man es drehen und wenden mag, ich find dieser Krieg ist ein ultra-spannendes historisches Ereignis.
Depressiv werden muss man davon überhaupt garnicht. Solange das nur im Fernsehn zu sehen ist, isses doch auch nicht schlimmer als ein Action- oder Horrorfilm. Kann man sich schon mal geben, man muss ja nicht gleich in Mitleid vergehen, nur weil da ein paar unschuldige Frauen und Kinder kaputtgehen.
Im Gegenteil, Leute die a bissl eine morbide anarchistische Ader haben, können sich da sogar richtig dran freuen, wie da drunten in einem Landstrich nach dem anderen die mühsam eingeführten Errungenschaften der westlich-europäischen Zivilisation in einem gigantischen, komplett ausgerasteten Gewaltrausch vor die Hunde gehen. Top!
Ich finde die ganze Angelegenheit jedenfalls ausgesprochen herzerquickend. Eine jede neue Meldung aus den Kriegsgebieten zaubert mir ein hämisches Lächeln aufs Gesicht. Ich freu mich jedenfalls sehr für die Kollegen von der IS, hoffentlich schaffen sie es, ihr schönes neues Kalifat ein für alle Mal vor dem ungläubigen Amipack rein zu halten. Weiter so, Jungs!
Der Typ is einfach ne totale Kotzkrücke. Soll er sich nich so reinsteigern in sein Weltverschwörungsgezetere, dann pisst ihm auch niemand ans Bein. Der Stress den der deswegen gekriegt hat, is jedenfalls voll und ganz rechtstaatlich legitimiert.